Was wirklich zählt!
Langfristig erfolgreiche Unternehmen weisen folgende Qualitäten aus: Felsenfeste Eintrittsbarrieren, hohe Marktanteile, Preissetzungsmacht, beliebte Produkte, loyale Kunden und fähige Manager. Wie erkennen gute Investoren hervorragende Unternehmen?
Ein guter professioneller Investor muss nicht unbedingt eine besondere Gabe im Umgang mit Zahlen haben. Ein Wirtschaftsstudium ist nur vielleicht hilfreich. Ein Finanzdiplom wie CFA (Chartered Financial Analyst) ist auch kein Gütesiegel für einen langfristigen Anlageerfolg. Von Vorteil sind jedoch Buchhaltungs- und Bewertungskenntnisse, sodass man eine Unternehmung anhand von Finanz- und Geschäftszahlen beurteilen kann. Diese Kenntnisse benötigen wir, damit wir die Geschäftsabschlüsse der Unternehmen lesen und ihre finanziellen Stärken und Schwächen erkennen können. Gute Buchhaltungs- und Bewertungskenntnisse reichen jedoch auch nicht aus, um ein überdurchschnittlich fähiger Investor zu sein. Wir glauben, dass bei der Analyse von Unternehmen die Fähigkeit qualitative Kriterien beurteilen zu können, fast noch wertvoller ist.
Welche qualitativen Kriterien sind für ein herausragend gutes Unternehmen und somit für ein besonders erfolgreiches, langfristiges Investment wirklich wichtig? Unternehmen, die sich Eintrittsbarrieren erarbeitet haben, welche die Konkurrenten langfristig nur sehr schwer durchbrechen können, weisen oft folgende Qualitäten aus: Sie haben Produkte, die immer wieder begeistern und echten Mehrwert bieten. Ihre Innovationskraft ist hoch. Mit ihrem hervorragenden Service geniessen sie grosses Vertrauen und haben enge Partnerschaften mit ihren Kunden. Sie gewinnen laufend neue Kunden dazu. Ihre Marktanteile steigen oder sind seit langem hoch. Sie können problemlos Preiserhöhungen umsetzen, und die Nachfrage bleibt dabei stark. Sie haben hervorragende, vertrauenswürdige Manager und motivierte Mitarbeiter, welche dem Unternehmen lange treu bleiben.
Mit viel Aufwand (z.B. sehr viel Lesen!), einer scharfen Beobachtungsgabe und grossem Interesse kann man Unternehmen nach diesen qualitativen Kriterien beurteilen und wirkliche Marktführer erkennen. Als Kunde lernt man die Produkte und Services einer Unternehmung am besten kennen. Sogar als Kunde (und erst recht als Nichtkunde) sollte man immer wieder möglichst viele Leute nach ihrer Zufriedenheit und nach ihren Produktepräferenzen befragen, beobachten, und so laufend die Entwicklung abschätzen (Field Research). Zum Beispiel, als interessierte Nike und Adidas Aktionär-/in, können Sie an Sportanlässen bewusst erkennen, welche Schuhmarken viele Besucher und Sportstars tragen. Ein Pendler, der jeden Tag mit der Bahn unterwegs ist, hat viele Gelegenheiten, beispielsweise die am meisten verwendeten Smartphones zu erkennen. Oder man fährt jeden Tag eine längere Strecke mit dem Auto zur Arbeit und zählt während der Fahrt immer wieder die gesichteten Teslas und vergleicht die Anzahl mit der der anderen Elektroautomarken. Grossstädte eignen sich für «Field Research» besonders gut. Was wird von vielen Menschen getragen, bei welchen Shops stehen sie Schlange, wo gehen sie essen und einkaufen? Für wertvolle Beobachtungen gibt es viele Gelegenheiten!
Auch das Internet ist hilfreich, um Präferenzen zu erkennen. Google oder Alexa liefert Ihnen auf Anfrage eine jährliche Rangliste mit den am meisten heruntergeladenen Social Media- oder Bezahlapps.
Um die Preissetzungsmacht (pricing power) einer Unternehmung zu beurteilen, muss bekannt sein, wann und wie stark Preiserhöhungen umgesetzt wurden und wie sich anschliessend die Nachfrage und der Absatz entwickelt haben. Wir merken uns beispielsweise neue Preisankündigungen von Netflix. Nach den Preiserhöhungen lesen wir aus den Geschäftsabschlüssen, wie viele Neukunden in den betroffenen Regionen trotz den teureren Abonnements dazugewonnen werden konnten und welche Treiber für das Umsatzwachstum verantwortlich waren.
Die grundsätzliche Überlegung, auf welche Güter und Dienstleistungen die meisten Konsumenten im Alltag langfristig nicht verzichten wollen, gibt wertvolle Hinweise, welche Unternehmen diese Bedürfnisse am erfolgreichsten mit den beliebtesten Produkten befriedigen können.
Oft ist es schwierig, als Aussenstehender die Qualitäten des Managements zu bewerten. Sind einem die verantwortlichen CEOs und VRs völlig unbekannt, ist es ratsam, gestaffelt Aktien einer Unternehmung zu erwerben, so dass man mit zunehmendem Kennenlernen und Vertrauen weitere Titel später dazukaufen kann. Als langjähriger Aktionär kann man das Management anhand ihrer Aussagen, den kommunizierten Zielen und ihren gemachten Versprechen und Visionen, mit den in Zukunft gelieferten Resultaten vergleichen und messen. Wir wollen auch wissen, wie stark die Geschäftsführer finanziell am Unternehmen beteiligt sind und ihr Privatvermögen vom geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg abhängt. Je grösser die finanzielle Beteiligung ist, desto eher decken sich die Interessen der Manager mit denen der Aktionäre.
Es ist schwierig, langfristig grossartige Unternehmen zu finden. Darum sollten sich Aktionäre von bewährten Unternehmen möglichst lange nicht trennen. Eine laufende Evaluation der Lieblingsgesellschaften ist trotzdem wichtig, um fundamentale negative Veränderungen der Unternehmen oder ihres Umfelds nicht zu verpassen.
(Dieser Text ist ein Ausschnitt aus dem AarauInvest Newsletter vom Januar 2022. Den Newsletter finden Sie auf unserer Webseite aarauinvest.ch/blog)
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