Unsere Methodik bei der Aktienanalyse
Ansätze zur Aktienanalyse sind mannigfaltig. Wie gehen wir vor, wenn wir ein Unternehmen und seine Branche untersuchen und die Attraktivität einer Aktie bewerten?
Viele Wege führen nach Rom. Das gilt auch an der Börse. Die perfekte Anlagekategorie existiert nicht, genau so wenig wie das ideale Timing oder die lupenreine Investitionsstrategie. Einige schwören auf zeitlich abgestimmte indexbasierte Investments, andere glauben an Kryptowährungen und nochmals andere beteiligen sich an alternativen Anlagen wie etwa Private Equity Engagements, Hedge Funds oder Rohstoffen.
Die AarauInvest AG verfolgt den Grundsatz des Stock Pickings, also das gezielte Investieren in einzelne börsennotierte Unternehmen. Durch die streng selektive Auswahl an Titeln konnten wir während den letzten Jahren konstant überdurchschnittliche Renditen erzielen. Doch nach welchen Kriterien selektieren wir Unternehmen? Wie bewertet man eine Aktie konkret? Wie findet man den nächsten Outperformer? Auch hier scheiden sich die Geister, die Analysemöglichkeiten scheinen unergründlich. Die Ansätze reichen von rudimentären Fundamentaluntersuchungen über komplexe Chartanalysen bis hin zu abstrakten Leveraged Buyout- und Discounted Cash Flow-Modellen.
In diesem (für einmal etwas technischeren) Blog möchten wir unseren Analyseansatz aufzeigen und Ihnen präsentieren, worauf wir besonderes Augenmerk legen, wenn wir ein Unternehmen unter die Lupe nehmen. Wir unterteilen die Aktienanalyse grob in fünf Perspektiven, die uns helfen zu bestimmen, ob ein Investment vielversprechend sein kann.
In einem ersten (und wohl wichtigsten) Schritt untersuchen wir die Qualität einer Unternehmung und deren Geschäftsmodell insgesamt. Diese Qualität kann in drei Aspekte unterteilt werden. Als erstes versuchen wir das Geschäftsmodell und die Industrie, in welcher dieses angelegt ist, im Detail zu verstehen. Zum einen lesen wir möglichst viele Branchenreports, Experteninterviews und Informationen, die direkt vom untersuchten Unternehmen stammen. Getreu Peter Lynchs Motto «invest in what you know» versuchen wir zum anderen aber auch, die Produkte einer Firma selbst zu konsumieren, sofern dies möglich ist. So nutzen wir beispielsweise Apple Pay, seitdem der Service in der Schweiz eingeführt wurde, kosten regelmässig neue Kaffeekreationen von Starbucks oder besuchen das Uniqlo-Geschäft am Berliner Ku’Damm. So wird schnell ersichtlich, ob ein Geschäftsmodell tatsächlich realisierbar ist und bei den Kunden Anklang findet. Branchenuntersuchungsmethoden wie Michael Porters «Five Forces»-Analyse helfen uns zudem zu verstehen, ob eine Industrie strukturell attraktiv ist und ob es das Geschäftsmodell der Unternehmung erlaubt, nachhaltig Wettbewerbsvorteile und Eintrittsbarrieren aufzubauen und zu verteidigen. Spezielles Augenmerk legen wir als zweites auf das Management der Firma. Einerseits suchen wir gezielt nach Unternehmen, die viel Erfahrung und überzeugende Track Records im Topmanagement vorweisen können. Andererseits bevorzugen wir Unternehmen, an welchen das Managementteam mit ihrem persönlichen Vermögen beteiligt ist und so nicht durch Interessenskonflikte belastet wird. Drittens bewerten wir die Qualität der Unternehmensbilanz. In welchem Verhältnis stehen Eigen- und Fremdkapital zueinander, wie gestaltet sich die Schuldenstruktur, kann das Unternehmen kurzfristige Shocks (wie etwa eine Pandemie) aushalten, ohne sich massiv verschulden zu müssen? Bei allen drei Aspekten ist es wichtig anzumerken, dass es sich viel mehr um ein Spektrum als eine Schwarz-Weiss-Betrachtung handelt.
Nachdem wir die die Unternehmung und insbesondere ihr Geschäftsmodell unter die Lupe genommen haben, richten wir in einem zweiten Schritt unseren Fokus auf die wichtigsten Geschäftszahlen. Zunächst stellt sich die Frage, was diese überhaupt sind. Um dies beispielsweise bei Fast-Food-Ketten herauszufinden, besuchen wir, wenn immer möglich, selbst die Lokale an verschiedenen Standorten. Dabei beobachten wir etwa die Besucherfrequenz und die Servicequalität. Wir wollen verstehen, mit welchen USPs (Unique Selling Propositions) die Restaurants die Kunden begeistern und worauf die Beliebtheit der Marke basiert. Schlussendlich versuchen wir mit diesen Indizien beispielsweise die Anzahl jährlicher Netto-Neueröffnungen und den künftigen Umsatz pro Standort herzuleiten. Solche Betrachtungen erachten wir als zielführender als etwa die isolierte Betrachtung des Umsatzwachstums auf Unternehmensebene. Danach stellt sich die Frage, ob wir diese Kenngrössen nachvollziehen und auf die nächsten fünf bis zehn Jahre prognostizieren können. Kurz: Wie hoch ist das Expansionspotential? Falls wir keine schlüssigen Antworten finden, verwerfen wir die Investmentidee. Dieser Schritt verdeutlicht, ob das Geschäftsmodell nachvollziehbar ist und liefert Hinweise auf die Frage: «what makes this business tick?».
In einem dritten Schritt sammeln und ordnen wir systematisch die historischen Finanzkennzahlen der Unternehmung, untersuchen mit einfachen Excel-Modellen wie sich diese während den letzten drei, fünf oder zehn Jahren entwickelt haben und versuchen zu beurteilen, wie sie sich in Zukunft entwickeln könnten. Insbesondere suchen wir nach Erklärungen für vergangenes Wachstum und leiten davon ab, ob diese Wachstumstreiber in Zukunft weiter Gewicht haben. Wir begutachten diejenigen Finanzzahlen besonders kritisch, die für die jeweilige Unternehmung und Branche von grosser Bedeutung sind.
In einem vierten Schritt befassen wir uns mit der Aktienbewertung per se. Diese sagenumwobene Analyse gestaltet sich in der Praxis meist relativ einfach, denn die Schwerarbeit haben wir in den ersten drei Schritten schon erledigt. Unser Fokus liegt nun auf der sogenannten «Multiple Analysis», welche uns hilft die Bewertung einer Unternehmung zu plausibilisieren und in Relation zu verschiedenen Konkurrenten zu setzen. Die gemeinhin bekannteste Kennzahl ist das Verhältnis vom Aktienpreis zum Gewinn je Aktie, kurz P/E. Bei gewissen Branchen ist das P/E eine aussagekräftige Bewertungskennzahlen, bei anderen weniger oder sogar irreführend. Das Gleiche kann über die Dividendenrendite gesagt werden. Ausserdem legen wir besonderes Augenmerk auf das Enterprise Value/EBITDA-Verhältnis, die Free Cashflow-Rendite oder die Börsenkapitalisierung relativ zum operativen Cashflow. Die Kunst liegt in diesem Schritt einerseits darin, die aussagekräftigsten Kennzahlen, die sich je nach Industrie und Lebenszyklusetappe einer Unternehmung unterscheiden, herauszufiltern und sinnvoll zu interpretieren. Anderseits müssen die Zahleninputs normalisiert werden, indem man einmalige Einflüsse und Sondereffekte (ausserordentliche Erträge oder Aufwände wie beispielsweise Akquisitionen, Bussen oder Abschreibungen) herausfiltert und die Finanzzahlen über einen längeren Zeithorizont interpretiert.
Zuletzt wollen wir natürliche Voreingenommenheit und Verhaltensanker aus dem Weg schaffen und «Confirmation Bias» verhindern, indem wir ganz bewusst und systematisch Gegenthesen zu unseren Erkenntnissen aus den ersten vier Schritten aufstellen und uns nochmals ins Gewissen rufen, auch wirklich alle Seiten – positive sowie negative – zu beleuchten. Am besten funktioniert dies, wenn man die Investmentidee im Team diskutiert und einen ehrlichen Austausch anstrebt. Besonders wichtig ist, dass man auch negative Drittmeinungen (z.B. aus Zeitungen) liest und objektiv bewertet.
Diese fünf Schritte erlauben uns, durch die Gesamtbetrachtung einer Unternehmung methodisch und akribisch Schlüsse zu ziehen und somit «Börsenperlen» zu finden. «Value is where you find it» – Wert ist da, wo man ihn findet – titelte Starinvestor Howard Marks eines seiner aktuellen Memos. Es gibt tatsächlich unterschiedlichste Möglichkeiten zur Aktienbewertung. Um vielversprechende Investitionsmöglichkeiten zu entdecken und an der Börse Erfolg zu haben, ist allerdings wichtig, dass man eine Strategie entwickelt, welche die eigenen Stärken bestmöglich nutzt und mit der man sich wohlfühlt. Wir glauben, für uns diese Strategie entdeckt zu haben, lernen trotzdem aber laufend weiter dazu und verfeinern unser Handwerk. Nur so kann man langfristig bestehen.
Zurück zur Übersicht